Donnerstag, Juni 19, 2008

MobiSys 2008 - Breckenridge Colorado

Salut. Im Augenblick verweile ich in luftigen Höhen. In ca. 3000 Metern über Meeresspiegel so ungefähr. Denn hier in den Rocky Mountains findet in diesem Jahr eine Konferenz zum Thema Mobile Systeme statt. Und da hat mich mein Cheffe dankenswerterweise hinreisen lassen, um auf einem Forum vorzustellen, was ich so treibe.

Die Anreise war relativ anstrengend, da es von Haustür zu Haustür ungefähr 18 Stunden gedauert hat. Das, die Zeitverschiebung und wahrscheinlich auch die große Höhe machen mir auch heute am dritten Tag noch ein bisschen zu schaffen. Ich bin Abends immer gut müde, habe trockene Augen, schlafe ein wie ein Stein, und bin dann um halb fünf morgens wieder wach. Aber ich will mich nicht beklagen. Ich freu mich total, hier sein zu dürfen.

Auf dem Flug habe ich auch mal den Südzipfel Grönlands erblickt. War ganz interessant, dass es dort grade andersrum ist. Bei uns ist das Flachland im Winter schneefrei und die Berge weiß. Dort waren die dunklen Bergrücken das einzige, was nicht von Eis und Schnee bedeckt war.



Von Denver aus ging es dann noch etwa zwei Stunden mit einem Kleinbus in die Rocky Mountains bis nach Breckenridge. Breckenridge ist ein ehemaliges Goldgräberstädtchen, das so scheint es mir, in den letzten 20 Jahren hauptsächlich vom Skitourismus gelebt hat. So gibt es hier viele riesige Skiresorts und Lodges in schmucker 70er Jahre Optik. In dem Gebäudeteil, in dem mein Zimmer liegt, bestehen teilweise sogar die Innenwände aus unverputztem Waschbeton.


Meine Posterpräsentation am gestrigen Tag war ganz ok. Mein Englisch war zwar hörbar aus der Übung und ich war wohl mit Abstand der jüngste Doktorand (im Sinne von am kürzesten mit der Promotion beschäftigt), aber es hat halbwegs geklappt und ich habe hilfreiche Kommentare von den anderen Studenten und den drei betreuenden Professoren gekriegt. Und ich habe wieder einmal erlebt, dass es unglaublich helle Köpfe gibt, aber auch viele Leute, die genau so mit Wasser kochen, wie ich zu Hause im schönen Karlsruhe.

So weit mal fürs erste. Ich werd noch ein bisschen rumhängen und dann in die Koje steigen. Ich hoffe im Laufe der Woche auch noch ein bisschen mehr von den Rockies zu Gesicht zu bekommen, sobald da was knippsenswertes dabei ist, werdet ihr davon lesen...

Mittwoch, Juni 11, 2008

Letzte Hilfe

Als Lehrer muss man helfen können. Nicht nur beim Lernen, auch wenn sich mal ein Schützling verletzt. Und da sollte dann durchaus eine gewisse Souveränität im Umgang mit herausfordernden Situationen vorhanden sein. Deshalb musste die Susi vor kurzem einen Kurs absolvieren, in dem angehende Lehrer und altgediente Trucker gemeinsam in die Kunst des Ersthelfers eingeführt wurden.

Am zweiten Tag des Kurses sollte das Gelernte in einem Rollenspiel angewendet werden. Susi durfte Opfer spielen und stellte die geforderten Verletzungssymptome (Bewußtseinsverlust, Erbrechen, diffuser Schmerz) realitätsnah dar. So realitätsnah, dass die Kursleiterin sie nach kurzer Zeit aus dem Spiel nehmen und nach draußen bringen wollte.

Als das Mißverständnis geklärt war nahm sich schließlich ein anderer Kursteilnehmer ihrer an (ca. 40-jähriger Lastwagenfahrer, mutmaßlich türkischer Herkunft). Susi spielte ein langsames Erwachen aus ihrer Bewusstlosigkeit und stöhnte bei jeder Berührung aufgrund der starken Schmerzen, die sie hatte. Auf die Nachfrage, was und wo es ihr wehtäte äußerte sie nur undeutlich, dass sie überall Schmerzen habe. Daraufhin beschloss ihr Ersthelfer, ihr das Bein abzubinden und setzte es auch gleich in die Tat um.

Bei der anschließenden Manöverkritik wurde dieses Vorgehen gerügt. Schließlich sollte das Abbinden einer Extremität nur als letzte Maßnahme bei extremem Blutverlust durchgeführt werden. Die Kursleiterin fragte nach, was man den machen könnte, wenn eine Frau äußere, ihr tue alles weh. Zugegeben, eine schwierige Frage. Aber der in die Enge getriebene Ersthelfer blieb auch hier souverän: "Was kann man machen, wenn einer Frau alles weh tut? - Massage!"

Großartig, gell. Wenigstens wäre das ein schöner Tod: Schwerverletzt an einer Unfallstelle, vielleicht fälschlicherweise das Bein abgebunden, aber von den starken Händen eines zur letzten Hilfe geeilten Lastwagenfahrers sanft massiert...

Nackte Angst unter Frisösen

Gestern war ich beim Frisör. Und, wie es meinem Alter und Gemüte angemessen ist, war ich bei einem jugendlichen und äußert hippen Frisör. Wo die Frisösen diverse Metallapplikationen im Gesicht tragen und man sich sofort duzt. Nach dem üblichen anfänglichen Geplänkel, das mich als entscheidungsmüden Menschen immer überfordert (Was willst Du denn? Wie kurz? Mit der Maschine oder nicht? Gut so?) stellte sich eine kurze Gesprächspause ein. Was eigentlich ganz wohltuend war. Bis die Dame mit der Schere ganz verunsichert fragte, ob ich sehr unzufrieden sei, ich würde so böse kucken. Das wiederum hat mich etwas verunsichert. Ich habe nämlich eigentlich ganz andere Lebensziele als ständig armen Frisösen und anderen Zeitgenossen große Angst mit bösen Blicken einzujagen. Ich konnte sie damit beruhigen, dass ich immer so schaue, wenn ich entspannt bin. Ob sie es geglaubt hat, weiß ich nicht, aber wenigstens hat ihre Hand nicht gezittert. Und das ist viel Wert wenn jemand mit scharfen Werkzeugen an Körperteilen rummacht, die entweder lebensnotwendig oder für den optischen Gesamteindruck durchaus relevant sind. Wenn ich nur ein halbes Ohr hätte, wäre wohl die Angst, die ich der Restmenscheit einflöße noch gewaltiger.

Derzeit spiele ich mit dem Gedanken, mir eine Variation des T-Shirts zu erstellen, auf dem ich einmal gelesen habe "Ich bin nicht tot, ich rieche nur so". Bei mir hieße das dann halt: "Bin nicht böse, kucke nur so".

PS: Wenn sich jetzt wieder jemand beschwert, der nach nackten Frisösen gegoogelt hat, und dann meine Seite gefunden hat, dann soll er sich einfach hinten anstellen. Ich kann nicht alle Erwartungen ans Internet erfüllen...