Montag, Februar 20, 2006

It never rains in southern California..

heißt es in einem wirklich schönen SWR1-Dauerbrenner. Ist aber ein Gerücht. Kein Gerücht dagegen ist, dass man Schneeketten braucht, wenn man nach Los Angeles will. Das liegt ungefähr 500 km im Süden von hier und wir "hier oben" liegen schon auf der Höhe Südspaniens. Aber wie gesagt, man braucht Schneeketten, um nach LA zu fahren. Zumindest wenn man sich nicht mit den Polizisten anlegen will, die einen unterwegs eventuell kontrollieren.

Das war dann auch schon die erste Hürde für uns, als wir am Freitag aufbrechen wollten. Es gibt nämlich nicht wirklich viele Läden in Californien die Schneeketten verkaufen. Es käme ja wohl auch keiner auf die Idee in Alaska Cabriolets zu verhökern. Aber beim fünften Laden hatten wir dann Glück. Und los gings auf die Fahrt. Weil hier am Montag "Presidents Day" war, war es ein langes Wochenende und demzufolge mächtig was los auf den Straßen. So kamen wir erst nachts um elf in unserem Hotel in LA an. Die erste Nacht war hart. Im warsten Sinne des Wortes. Ungefähr so hart wie der Fußboden. Auf welchem ich die erste Nacht verbrachte. Wir waren nämlich in einem Zimmer mit zwei Doppelbetten und fünf Personen. Und ich war der einzige, der daran gedacht hatte, dass es cool wäre einen Schlafsack dabeizuhaben. Und außerdem hielt ich mich auch für einen ziemlich harten Burschen, dem das nicht viel ausmacht. Naja, man lernt nie aus...

Samstags gings dann in die Universal Studios. Das war ganz nett. Dort kriegt man, wenn man eine Tageskarte kauft, gleich eine Jahreskarte dazu. Man kanns auch weniger positiv ausdrücken und sagen: Die haben die Tageskarten abgeschafft, die billigste Methode, reinzukommen ist jetzt eine Jahreskarte. Und die Amis stellen ein durchaus imposantes Kreativitätspotential zur Schau, wenn es darum geht, neue Einnahmequellen zu erschließen. So kann man für 30 Dollar einen Pass kaufen, mit dem man sich an jeder Schlange vorne anstellen darf. Oder für 20 Dollar einen Pass, mit dem man den ganzen Tag alles Essen kann, was man schafft. Trinken leider nicht. Das kostet extra. Und selbstverfreilich ist es verboten, Getränke mit in den Park zu bringen. Die lassen sich halt echt was einfallen.

Der Park an sich war dann ganz nett. Achterbahnen, verschiedene Shows und eine Studiorundfahrt haben den Tag zu einem schönen Erlebnis werden lassen. Martin und Stephen wollten unbedingt an einer Live-Show "Fear Factor" als Kandidaten teilnehmen. Mich haben sie nicht dazu überreden können. Der Mut der Kandidaten wurde unter anderem durch einen leckeren Cocktail aus Fisch-Innereien, Tieraugen, saurer Milch und Insekten belohnt, den es dann zu trinken galt. Echter Neid, nicht dabeizusein kam da bei mir nicht auf.
Auf dem Heimweg konnte ich dann auch noch mein Männlichkeit-zur-Schau-stell-Bedürfnis ausleben. Wir versuchten uns im mechanischen Bullen reiten. Und ich war gar nicht schlecht. Bevor sie einen auf den Bullen lassen, muss man aber einen Wisch unterschreiben, dass man den Veranstalter von jeder Verantwortung für körperliche Schäden bis hin zum Tode freispricht. Meine größte Angst war, dass mich irgendjemand vom Bullen runterschießt, weil das dann ja prinzipiell ohne rechtliche Konsequenzen gewesen wäre. Aber wie gesagt, ich konnte mich am Leben und auch eine ganz beträchtliche Zeit auf dem Bullen halten. Ich glaube ich hab einen Kuss von Susi für jede Sekunde verdient. Bring Dir nen Labello mit, Holde!

Den Sonntag haben wir in der Stadt verbracht. Auf dem Walk of Fame, in Arnies und John Waynes Fußstapfen, in Beverly Hills und schließlich in Santa Monica. Dort bin ich dann am Strand auf einen Rettungsschwimmerturm gestiegen um ein paar Heldenfotos zu machen. Und für einen kurzen, mystischen Moment ist mein Leben mit dem von Mitch Bucannon verschmolzen. Dem tollsten aller Baywatch-Hechte. Was für ein Gefühl. Ich bin mir fast sicher, dass meine Brusthaare in den 5 Minuten um 20 Prozent gewachsen sind.

Ein weiteres Highlight war, dass ganz in der Nähe des Strandes eine Kirchengruppe die vielen Armen und Obdachlosen mit Essen, Trinken und Aufmerksamkeit versorgt hat. Das war das erste mal hier, dass ich Zeuge wurde, wie diesen Menschen die Würde zu Teil wird, die eigentlich jedem Menschen zusteht. Und ich habe einen authentischen Eindruck davon bekommen, was Jesus meint, wenn er sagt, dass man uns, seine Jünger, an unserer Liebe erkennen soll. Es war schön, das zu sehen und ich war auch froh, zu dieser Gemeinschaft dazuzugehören.

Nach einer abermals langen Fahrt, auf der wir abermals keine Schneeketten brauchten, wenngleich wir sie abermals im Kofferraum mitführten, kamen wir dann Sonntag um Mitternacht wieder in Santa Clara an. Womit sich der Kreis dann schließt. Obwohl, nicht ganz. Stephen, Martin und ich sind noch in das Heißwasserbecken unserer Wohnanlage gesessen (böse Zungen nennen es angeblich den Eierkocher). Das war fein. Und hat mich für zwei Fußbodennächte entschädigt.

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